
Kommunikation im Konflikt: Wie Worte Brücken bauen können
Stellen wir uns eine Konfliktsituation vor:
Ein Paar streitet sich im Rahmen der Scheidung:
"Warum sind wir überhaupt zur Mediation gekommen, wenn du sowieso nur über deine Rechte sprichst?! Du weißt genau, dass ich diese Rechnungen nicht zahlen kann. Oder willst du ernsthaft das Haus verkaufen – weißt du, was das für die Kinder bedeutet? Du denkst nur an dich!"
Solche Sätze sind im Konflikt verständlich – sie kommen aus Schmerz, Wut, Hilflosigkeit. Aber sie führen selten zu einer Lösung. Im Gegenteil: Sie verletzen, lösen Gegenangriffe aus und vertiefen den Graben zwischen den Beteiligten.
Hier hilft das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK), auch bekannt als die Sprache der Giraffen, benannt nach dem Tier mit dem großen Herzen.
Wie könnte das nun klingen, wenn wir diese Vorwürfe in die vier Schritte der GFK übersetzen?
Beobachtung (ohne Bewertung):
"Wenn ich höre, dass du von deinen Rechten sprichst und das Haus verkaufen möchtest..."
Gefühl (ehrlich und bei sich bleibend):
"...werde ich traurig und fühle mich überfordert..."
Bedürfnis (was steckt dahinter?):
"...weil mir Sicherheit und Stabilität für unsere Kinder wichtig sind."
Bitte (klar und umsetzbar):
"Könntest du mit mir gemeinsam überlegen, wie wir eine Lösung finden können, die auch für die Kinder gut ist?"
Stellen wir uns eine andere Situation vor:
Eine Kollegin sagt im Teammeeting mit spürbarer Verärgerung:
"Immer bleibe ich an den unangenehmen Aufgaben hängen! Ganz ehrlich, ich habe das Gefühl, hier macht jeder nur, was ihm passt, und ich darf den ganzen Rest erledigen. Das ist einfach unfair!"
Wie könnte das im „Giraffenstil“ – also in Gewaltfreier Kommunikation – klingen?
Beobachtung (ohne Bewertung):
"Mir ist aufgefallen, dass ich in den letzten drei Projekten hauptsächlich die Aufgaben übernommen habe, die viel Abstimmungsaufwand bedeuten..."
Gefühl (bei sich bleibend):
"...und das macht mich frustriert und auch erschöpft..."
Bedürfnis (was steckt dahinter?):
"...weil mir eine faire Verteilung der Arbeit und gegenseitige Unterstützung im Team wichtig sind."
Bitte (konkret und machbar):
"Wäre es möglich, dass wir uns beim nächsten Mal gemeinsam anschauen, wie wir die Aufgaben gleichmäßiger aufteilen können?"
Was verändert sich?
Statt Vorwürfen und Schuldzuweisungen hören wir Verletzlichkeit. Und genau darin liegt die Stärke: Es wird deutlich, was wirklich gebraucht wird, anstatt nur zu sagen, was der andere falsch macht. Das öffnet die Tür für echte Verständigung.
Warum ist das wichtig?
Gerade im Konflikt neigen wir dazu, zu kämpfen, anzugreifen oder uns zu verschließen. Doch Konflikte lassen sich nicht gewinnen – sie lassen sich nur lösen, wenn wir bereit sind, einander zuzuhören und unsere Bedürfnisse klar und respektvoll auszudrücken.